Düsseldorf/Hagen, 16. Aug. 2023. Die gute Nachricht: Mittelständische Industrieunternehmen der Stahl- und Metallverarbeitung investieren: Bis 2027 planen rund 200 an einer aktuellen Umfrage des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) teilnehmende Unternehmen konkrete Investitionen von rund einer Milliarde Euro. Ein Plus von 47 Prozent gegenüber den Jahren 2016 bis 2019. Die schlechte Nachricht: Fast die gleiche Summe halten sie zurück. Noch schlechter: Rund ein Viertel der Mittel soll in Drittländer fließen. „Die Politik muss aktiv werden, um industrielles Know-how und Arbeitsplätze im Land zu halten“, fordert WSM-Hauptgeschäftsführer Christian Vietmeyer.
„Zu viel Investitionskapital verlässt Deutschland“
70 Prozent des Kapitaleinsatzes kommen laut WSM-Umfrage dem Standort Deutschland zugute, aber 30 Prozent fließen raus. In der EU landen nur noch gut fünf Prozent, von mehr als 24 Prozent profitieren Staaten außerhalb der europäischen Union. Die Pläne der über 200 Umfrageteilnehmer untermauern, dass die „Gespenster“ Abwanderung und Deindustrialisierung sehr real sind. „Unsere Fakten belegen: Viel Investitionskapital verlässt Deutschland, weil die Standortbedingungen zu schlecht sind“, betont Holger Ade, Leiter Industrie- und Energiepolitik beim WSM.
„Aus Entscheidungsparametern bei der Standortwahl ergibt sich Anforderungskatalog“
Als Gründe nennen die Befragten bekannte Baustellen: Arbeitskräfte fehlen und sind zu teuer. Stromkosten sind nicht wettbewerbsfähig. Bürokratie und gesetzliche Rahmenbedingungen belasten. „Aus den Entscheidungsparametern bei der Standortwahl ergibt sich der politische Anforderungskatalog“, betont Ade.
Unternehmen halten Milliarden zurück – Regierung muss Investitionsanreize schaffen
Grund für das Zurückhalten einer weiteren Milliarde sei die Unsicherheit ob wirtschaftlicher Entwicklungen und politischer Rahmenbedingungen. „Die Regierung setzt die Leitplanken, sie müsste jetzt Investitionsanreize in Deutschland für die ‚gebunkerte‘ Milliarde schaffen“, so Ade. „Hochgerechnet auf den gesamten Stahl und Metall verarbeitenden Wirtschaftszweig 25, der laut Statistischem Bundesamt von 2016 bis 2019 rund 17 Milliarden investiert hat, kann man davon ausgehen, dass sie bis 2027 über 20 Milliarden einsetzen wollen. Und entsprechend Investitionssummen im zweistelligen Milliardenbereich zurückhalten.“
Mehr Investitionen in Erweiterung und Energieeffizienz
Erfreulich ist die Verschiebung von Ersatz- hin zu Erweiterungsinvestitionen. Während der Ersatz als Investitionsziel auf 24,3 Prozent sinkt, wollen Unternehmen fast 44 Prozent in den Ausbau ihrer Kapazitäten und knapp zehn Prozent in ihre Energieeffizienz stecken.
Leidtragende sind die Marke Deutschland, Klima und Arbeitnehmer
Die beachtliche 20-prozentige Teilnahmequote auf die WSM-Umfrage zeigt den hohen Stellenwert des Themas. Und ist zugleich ein Appell an die Politik. Christian Vietmeyer: „Wenn die Industrie geht, geht auch Fachwissen. Und wenn die Industrie bei Investitionen zögert, bleiben entscheidende Innovationen auf der Strecke.“ Leidtragende sind die Marke Deutschland als Industrienation, das Klima und die Arbeitnehmer. Die Politik riskiert viel, wenn sie auf ihren Baustellen nicht endlich anpackt.
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Über den WSM:
Die Stahl und Metall verarbeitende Industrie in Deutschland, das sind: rund 5.000 vorwiegend familiengeführte Betriebe, die mit rund 500.000 Beschäftigten über 80 Milliarden Euro Umsatz im Jahr erwirtschaften. Die Unternehmen beschäftigen im Durchschnitt 100 Mitarbeiter und sind mit Abstand die wichtigsten Kunden der Stahlerzeuger.
Die Branche zeichnet sich durch hohe Spezialisierung und Wettbewerbsintensität aus. Die Unternehmen fertigen für die internationalen Märkte der Automobil-, Elektro- und Bauindustrie, den Maschinenbau und den Handel.
Der WSM ist Dachverband für 14 Fachverbände. Zusammen bündeln sie die Interessen einer der größten mittelständischen Branchen in Deutschland und sind Sprachrohr für deren wirtschaftspolitische Vertretung auf Länder-, Bundes- und europäischer Ebene. Sie suchen den Ausgleich mit marktmächtigen Abnehmern und Lieferanten aus Industrie und Handel. Und sie fordern bessere Rahmenbedingungen für Wachstum, Dynamik und Wettbewerb – ob bei Steuern, Abgaben, Recht, Forschung, Umwelt, Energie oder Technik.